Wer bin ich?

Svetlana

Wer bin ich?

Meine Pandemie fing an, als Leute krank wurden und zu Hause blieben. Ich dachte, für mich wird das kein Problem sein, da ich die Einsamkeit liebe und es genieße, alleine zu sein.

Dann vergingen Monate der Isolation. Und in all dieser Zeit, hatte ich keine Möglichkeit, den geliebten Menschen in die Augen zu schauen.

Das gab mir zu verstehen – Einsamkeit braucht niemand.

Wir waren zu zweit in unseren vier Wänden eingesperrt. Das hatte zwar keine Auswirkung auf unsere Beziehung zueinander, doch es veränderte meine Beziehung zu den anderen Menschen. Im normalen Leben brauche ich niemanden und Hauptsache die Leute zwängen sich mir nicht auf. So empfand ich es als eher introvertierter Mensch bis ich meine andere Seite kennenlernte. Es klingelte das Telefon und ich wusste, dass mir nicht nach Reden zumute ist. Nein, mein Protest war nicht gegen den Anrufer. Sondern gegen den Anruf an sich – schreibt mir nicht, ruft mich nicht an! Tue lieber etwas, damit wir uns wiedersehen!

Wenn man sich in der Wirklichkeit mit einer Person trifft, versteht man erst, wie wichtig das ist. Die Augen treffen sich. Man redet über Gott und die Welt. Fängt jedes Wort durstig auf und fühlt die innige Verbundenheit mit diesem Menschen.

Und wenn ich das nicht kriege, entsteht in mir eine unbezwingbare Wut gegen jegliche Einschränkungen. Ich möchte etwas kaputt machen! Die gläserne Blase in der wir uns alle mit unseren Sorgen befinden zerschlagen und zuhören, wie sie über unseren Köpfen zerbricht.

Was mich rettet? Mein Fahrrad. Diese Geschwindigkeit. Dieser Wind in den Haaren und das Gefühl der Freiheit.

Meine Pandemie ist die langersehnte Möglichkeit, sich mit Freunden und Familie zu treffen.
Meine Pandemie ist der Wert dieser Treffen.
Meine Pandemie ist die Zeit zu erkennen – wer bin ich?

Pandemie ist eine einzigartige Möglichkeit sich selbst kennenzulernen- versäumt es nicht.

Svetlana

Chemikerin, 37 Jahre alt

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